Ein Herz für die Otways: Lizzie Corke im Interview
Lizzie Corkes große Leidenschaften sind die Natur und die Tiere Australiens. Ihr Ziel: sie zu schützen und den bestmöglichen Weg zu finden, im Einklang mit ihnen zu leben. Im Interview erzählt die Naturschützerin, wie sie ihre Liebe zur Natur entdeckte, was sie täglich inspiriert und was ihre Pläne für die Zukunft sind.
Lizzie, du leitest gemeinsam mit deinem Mann das Conservation Ecology Centre im australischen Bundesstaat Victoria. Was machst du dort?
Ich arbeite an einem der schönsten Orte der Welt – jetzt kann ich zum Beispiel aus dem Bürofenster schauen und eine Gruppe von Kängurus beobachten, die in der Sonne schlafen. Das allein ist schon ein Erlebnis!
Schon gewusst?
Hunde helfen beim Schutz des seltenen Tiger Quolls, der 2012 in den Otways wieder entdeckt wurde. Die Otways Conservation Dogs sind darauf trainiert den Kot der Tiger Quolls aufzuspüren, der widerum für die Erforschung der Tiere aufschlussreich ist.
Bei meiner Arbeit geht es darum, unser Team immer näher an unser gemeinsames Ziel zu bringen: die Natur zu schützen. Wir führen Forschungen durch, um das Zusammenwirken der Landwirtschaft mit der Natur zu erkennen und Wildtiere und Ökosysteme besser zu schützen. Einige Tage verbringe ich nur in Meetings, an anderen kann ich aber auch rausgehen und mit meinen eigenen Händen anpacken, zum Beispiel wenn ich Bäume pflanze oder mich um unsere einheimischen Tiere kümmere. Die Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, sind inspirierend und machen jeden Tag spannend. Ich habe einfach den besten Job!
Wir sind ein Teil der Natur, nicht getrennt davon.
Woher kommt deine Leidenschaft für die Natur?
Mein Interesse an australischen Tieren wurde vor langer Zeit geweckt, als ich noch in Großbritannien lebte. Meine Familie liebt die Natur über alles. Meine Großtante Marge unternahm mit mir von klein auf Streifzüge durch das Naturschutzgebiet der Yorkshire Moors, die North York Moors oder auch in die Stadtparks von London. Sie sah in allem etwas Gutes und entdeckte überall ein Stückchen Natur, auch wenn es nur ein heruntergefallenes Blatt auf dem Bürgersteig war. Diese Fähigkeit, alles mit einem Gefühl des Staunens wahrzunehmen, ist schon damals auf mich übergegangen. Als ich sechs war, ist meine Familie mit mir nach Australien ausgewandert. Marges Anliegen war es, mich vor unserer Abreise mit Wissen über australische Tiere zu versorgen. Sie sagte mir, ich müsse so viel wie möglich lernen, damit wir gemeinsam Australien erkunden könnten, wenn sie zu Besuch komme.
In welches Gebiet von Australien seid ihr dann gezogen?
In den Bundesstaat Victoria. Wir haben eine Zeitlang in Melbourne gelebt und sind dann nach Geelong gezogen, in die Stadt, in der die berühmte Reiseroute Great Ocean Road beginnt. Ich denke, ich bin mit der Zeit immer weiter in die Nähe des Ortes gezogen, in dem ich sein sollte.
Du meinst die Otways, die Landschaft rund um den Great Otway Nationalpark. Dort arbeitest du auch an deinen Projekten, dem Natur Park Wildlife Wonders und der Great Ocean Ecolodge. Was ist deren Ziel?
Sie geben Menschen aus der ganzen Welt die Möglichkeit, die Otways – die wunderschöne Landschaft rund um den Great Otway National Park an der Südküste Australiens – hautnah zu erleben und selbst eine Rolle bei der Pflege dieses besonderen Ortes und der dortigen Tierwelt zu übernehmen.
Die Great Ocean Ecolodge ist eine Lodge im Naturschutzgebiet Cape Otway, in der Besucher seit 2004 übernachten können. Sie ist umgeben von fast unberührtem Buschland, Regenwäldern, einsamen Stränden und steilen Klippen. Sie wird nachhaltig betrieben, unter anderem durch die Nutzung von Sonnenenergie und Regenwasser, um die Umwelt so wenig wie möglich zu belasten.
Wildlife Wonders ist ein neues Projekt, das Anfang 2021 gestartet ist. Mit Blick auf das Meer an der Great Ocean Road westlich von Apollo Bay können Besucher australische Wälder und Küsten sehen, wie sie sein sollten: voller wilder Tiere. Gemeinsam mit einem unserer Guides können sie auf einer geführten Tour Kängurus über Wiesen hüpfen sehen, dösende Koalas auf den Bäumen beobachten und viele andere seltene Wildtiere wie Nasenbeutler, auch Bandicoots genannt, beobachten. Die Begegnung mit den Tieren ist ganz ohne Zaun und Barrieren möglich. Durch das clevere Design des Landschaftsparks, der übrigens von Brian Massey, dem Artdirector des Hobbit-Fantasyfilms, entworfen wurde, halten sich die Tiere in Habitat Zonen nahe der Wege auf.
Schon gewusst?
Der australische Great Otway National Park beherbergt die unterschiedlichsten Landschaften, darunter Eukalyptusbäume, Regenwälder und Buschland.
Das klingt nach spannenden Aufgaben, die dich täglich fordern. Was motiviert dich?
Ich bin von so vielem inspiriert! Die Kängurus, die auf dem Rasen liegen, der erste Scharlachschnäpper des Winters – ein Singvogel, der in Australien vorkommt –, aber auch Menschen, die sich Mühe geben, etwas Wunderbares für jemand anderen zu tun und innovative Lösungen für Probleme zu finden, die zunächst unüberwindlich erschienen. Das alles inspiriert mich.
Und was sind deine Pläne für die Zukunft?
Dass die besonderen Begegnungen mit Wildtieren, die Wildlife Wonders Besuchern bietet, alltäglich werden, wenn Arten wieder in ihrer natürlichen Umgebung aufwachsen und leben können. Ich hoffe, dass wir ihren Lebensraum wiederherstellen und sichere Orte für die am stärksten gefährdeten Arten schaffen können, ohne dafür eingezäunte Gebiete schaffen zu müssen.
Ich glaube, wir geben unser Bestes, wenn wir den Fokus klar im Auge behalten und uns nicht zu sehr überfordern lassen. Für mich bedeutet das, dass ich mich auf unser Land konzentriere. Ich möchte, dass die Kinder, die in der Region rund um die Great Ocean Road leben, umgeben von einzigartiger Natur aufwachsen und dass sie jede Gelegenheit dazu haben, ein Leben zu führen, das es ihnen ermöglicht, ihren Teil zum Schutz der Natur beizutragen. Sichere Arbeitsplätze und eine blühende Gemeinschaft sind für den Naturschutz von entscheidender Bedeutung, und wir können alles erreichen, wenn wir erkennen, dass unsere Umwelt, unsere Wirtschaft und unsere Gemeinschaft miteinander verbunden sind – wir sind ein Teil der Natur, nicht getrennt davon.